Güter zu Ausbeutung, Kapitalbindung und politischer Macht führen kann.
Diesen drohenden sozialen Ungleichgewichten wirkt die Form dtr sozialen,
d.h. teilbeeinßußten Marktwirtschaft entgegen, die tut einem sich frei nach
Angebot und Nachfrage bildenden Preis (l. B. für Textilien) beruht. Die
Intervention des Staates geschieht durch Gesetze oder Einzelakte, wobei die
dirigistischen Maßnah-•Kn weder generell, noch i. S. einer Globalsteuerung
der Wirtschaft, sondern nur im Bedarfsfall mit geringstmöglichem Umfang
ergriffen werden. Eine Verplanung oder Verstaatlichung der ii'irtschaft in
ihrer gesamten Breite fehlt völlig.
Die Lenkungsmaßnahmen der öffentlichen Hand dienen dem Zweck, das nach wie
vor erstrebte automatische Funktionieren des Marktes nicht zu stören und
das Prinzip des freien Wettbewerbs aufrecht zu erhalten, i '
Beispiele: Subventionen; Förderung der Randgebiete; Schutz von
Berufsbildern; Ausgleich im Wettbewerb; Preisauszeichnung; Ein- und
Ausfuhrregelung; Imerzonenhandelsvorschriften.
Auch Gesetze (vgl. S. 48) über Versicherungs- und Kreditwesen, Bausparen
und Vermögensbildung, agrarrechtliche Marktordnungen, Vorschriften über
Absatzsicherung (z.B. Zucker) und Bevorratung (z.B. Mineralöl) sowie die
Verflechtung Europas garantieren eine sozial ausgewogene Märktwirtschaft.
Der Ausgleich sozialer Härten wird ferner durch die vom Staat betriebene
Geld-, Finanz- und Diskontpolitik erstrebt, wobei in der Bundesrepublik
Deutschland die (unabhängige) Bundesbank mit ihrem kreditpolitischen
Instrumentarium dem Staat zur Seite steht. Die Interventionsmöglichkeiten
in einer nicht tausch-, sondern geldorientierten Wirtschaft bestehen darin,
daß die Umlauf-menge des Geldes, die Deckung dieser Menge in wertneutralen
Beständen (z.B. Gold), die Höhe der Zinssätze (Diskont-, Lombardsatz) sowie
die Konvertierbarkeit deriWährung (Devisenbewirtschaftung,
Wechselkurspolitik) beeinflußt werden kann.
Beispiele: Höhe der Mindestreservesätze freier Geldinstitute bei dei
Bundesbank; Rediskontbeschränkungen; Konjunkturausgleichsrückk-ge;
Kreditaufnahmebeschränkung; Investitionshilfe&bgaben.
Auch eine mehrjährige Finanz- und Haushaltsplanung, die Erstellung von
Orientierungsdaten für die Wirtschaft, die Förderung des Wohnungsbaues und
der Vermögensbildung, die Stabil!-tätsgesetzgebung sowie eine maßvolle Lohn-
und Preispolitik sind für Konjunktur, Wirtschaft und Markt von Bedeutung.
Schließlich dient auch die Steuer- und Zollgesetzgebung da
Wirtschaftslenkung sowie der Investitions- und Leistungsfreudigkeit von
Konsumenten und Produzenten. Jedes staatliche Engagement ist jedoch nur im
Interesse einer ausgeglichenen Zahlungsbilanz und einer gesunden,
privatwirtschaftlich orientiertet Volkswirtschaft zu rechtfertigen.
Als Folge von Rezession, Arbeitslosigkeit, Preisauftrieb und
Deckungslücken in den öffentlichen Haushalten kommt eini Wirtschaftslenkung
in Form der Investitionskontrolle in Be-
Die Wirtschaftssysteme
tracht, die von gemeinsamer Absprache zwischen öffentlichen und
strukturellen Investitionen der Großunternehmer bis zur Einführung von
Wirtschafts- und Sozialräten mit Rahmenplanungskompetenz reicht.
2. Planwirtschaft
Im Gegensatz zur frei nach Angebot und Nachfrage sich regulierenden
Wirtschaft verkörpert die Planwirtschaft den Willen des Staates, nicht den
des Unternehmens. Ziel dieses Wirtschaftssystems ist, Produktion, Absatz,
Eigenverbrauch, Güterverteilung und Export nach dem in
volkswirtschaftlicher Planung errechneten Bedarf kraft Gesetzes zu
bestimmen. Damit verbunden ist die (theoretische) Sicherung der
Arbeitsplätze für die Zeit der Planung sowie die stete Steigerung des
Bruttosozialprodukts (= alle erarbeiteten Werte und Dienstleistungen).
Maximalziel ist Bedarfsdeckung, nicht mehr. An die Stelle der
Marktregulierung tritt staatliches Reglement. Infolgedessen wird der
Unternehmer und Kapitalist (theoretisch) durch das Volksganze, praktisch
durch den Funktionär ersetzt, der den Staat verkörpert und den
(mehrjährigen) Wirtschaftsplan durchzusetzen hat. Das Funktionärswesen
beherrscht so die Wirtschaft, wird Träger der Macht und erwirbt ökonomische
Vorrechte. Der Staat wird dadurch ium unkontrollierbaren
Verwaltungsapparat, in dem die soziale "nd ökonomische, d.h.
unternehmerische Abhängigkeit ständig zunimmt.
a) Zentralverwaltungswirtschaft (China)
Innerhalb dieser Unterart der verplanten, staatsunmittelbaren und
unselbständigen Wirtschaft stellt der Markt lediglich einen Ort für
Absatz, Umschlag oder Tausch dar, wobei auch die Hingabe von Ware gegen
Münz- bzw. Papiergeld Tauschcharakter besitzt. Eine wertneutrale
Geldentwicklung oder Kursschwankung gibt es nicht. Produktion und Absatz
(d.h. Export und Eigenverbrauch) und damit der Preis werden gesetzlich
geregelt. Das Eigentum an den Produktionsmitteln (z.B. Maschinen) besitzen
der Staat, staatsähnliche Unternehmen oder Kollektive. Es wird durch
Staatsbeamte (Funktionäre) oder verbeamtete Unternehmer verwaltet. Durch
die weitgehende Beseitigung von Privateigentum und den Entzug der
Möglichkeit, für sich gewinn-
bringend zu produzieren, tritt an die Stelle des Wettbewerbs di(
Planerfüllung und Verpflichtung gegenüber der Volksgesamtheit. Da
Erzeugung, Güterverteilung, Verbrauch und Arbeitsplatzwechsel sich nach
einem Generalplan bestimmen, dient dies;
Wirtschaftsform nicht in erster Linie der Steigerung des Lebensstandards
oder der vollständigen Befriedigung menschlicher Bedürfnisse, sondern
primär politischen, militärischen und ideologischen Zielen. Eine Vorstufe
zur absoluten Zentralverwaltungs-Wirtschaft nach der leninistisch-
marxistischen Ideologie stellt du sozialistische neue ökonomische System in
der DDR dar (Kollektiveigentum bzw. Eigentum kontrollierter
Produktionsgenossenschaften mit Leistungszahlsystem). Durch eine zunehmende
Verschuldung im Westen und eine Öffnung desMarktes für westeuropäische
Konsumgüter hat sich dieses System jedoch nicht als lebensfähig erwiesen.
Ansatzpunkte für eine Orientierung an westlich-kapitalistischen System sind
seit Oktober 1989 zu vermuten. :: . . •
b) Lenkungswirtschaft („Drittes Reich")
Ziel dieser Wirtschaftsform ist die Bedarfsdeckung durch Lenkung der
Produktion und des Verbrauchs auf der Grundlage da Privateigentums und der
Unternehmerinitiative. Es herrscht di( Idee der wirtschaftlichen
Selbstverwaltung, wonach nur der Bedarf geplant, aber Erfüllung und Leitung
der Wirtschaft den in Wirtschaftsleben tätigen, unpolitischen ,1 Organen
anvertraut bleibt.
Die Eingriffe des Staates bestehen in der Bildung von Zwangs kartellen.
Marktverbänden, Sozialgemeinschäften (z.B. Reichs nährstand) und dem
zwangsweisen Zusammenschluß berufsstän discher Gruppen. Der Erfüllung des
Planes werden die anderen Komponenten freier unternehmerischer Gestaltung
(z.B. Investition, Staatsaufträge) untergeordnet. Während Löhne und Gehäl
ter hoheitlich festgelegt werden, dient die Geldpolitik nur ds
KaufkraftfewieAr»
quantitativ-qualitative Produktion mit regelmäßiger Steigerungsrate
erreicht. ' '"
c) Sozialisierung
Dieses sowohl im Bereich der sozialen Marktwirtschaft (Art. 15 GG) als auch
der Planwirtschaft mögliche Programii
bedeutet Überführung der Produktionsmittel in Gemeineigentum (z.B.
israelische Kibuzzim). Zwar bleibt die Wirtschaft marktorientierte
Unternehmerwirtschaft, aber Schlüsselbetriebe (t. B. Bergbau, Eisen-
/Stahlindustrie, Verkehrs- und Versorgungs-bttriebe, Banken,
Versicherungen) werden Gemeineigentum.
Das sich ergebende Problem besteht darin, daß zwei auf Ergän-lung
ausgerichtete Wirtschaftszweige nach verschiedenen wirt-Khaitlichen
Prinzipien arbeiten: die Grundstoffindustrie (Kohle, Eisen) wird nach
staatlichen Plänen, die verarbeitende Industrie (z.B. PKW-Herstellung) nach
den Grundsätzen des freien Marktes geleitet. Zwar werden auf diese Weise
Konzentrationen im Bereich der Wirtschaft in privater Hand verhindert,
nicht aber die Marktaiifteilung nach planerischen Gesichtspunkten
ausgeschlos-ict. Die Lösung besteht nur in der Schaffung und Ausgestaltung
ropranationaler Einrichtungen (EWG, EURATOM, EGKS), die ökonomisch
ausgewogen, d.h. zum gleichen Wohl aller tätig werden, aber globale
Steuerungsmöglichkeiten besitzen.
3. Rechtliche Einordnung
Das Wirtschaftsrecht läßt sich in die Wirtschaftsverfassung (t. B. soziale
Marktwirtschaft), das Wirtschaftsverwaltungsrecht (z.B. staatliche
Lenkungsmaßnahmen), das Wirtschaftsverfahrensrecht (z.B. FlurBG, LwVG) und
das Wirtschaftsstrafrecht (z.B. Mietwucher, WiStG) zerlegen.
a) Gewerbefreiheit (Art. 11 GG; § l GewO)
Festzuhalten ist, daß sich das freie Unternehmertum und die iu( Bundespost
und Bundesbahn beschränkte Staatswirtschaft gegenüberstehen. Die Freiheit,
produzierend tätig zu sein, ergibt »ich daraus, daß der Betrieb eines
Gewerbes jedermann gestattet ist. Lediglich Auflagen oder
Genehmigungsvorbehalte schränken dieses Recht zum Schutz der Allgemeinheit
ein (vgl. S. 135).
Beispiel: Atomkraftwerk erhält die Auflage, den Reaktor so zu bauen, dafs
er auch bei Flugzeugabsturz, Explosion und Erdbeben unzerstört bleibt.
Nur die Errichtung volkswirtschaftlich unerwünschter Betriebe sowie die
Leitung durch unquahfizierte Personen kann rechtlich verhindert werden
(z.B. §§ 20, 25 BulmSchG, § 35 GewO). Ent-iprechend dem Grundsatz, daß eine
wirtschaftliche Betätigung
den Interessen der Allgemeinheit nicht zuwiderlaufen darf, istdi
Erfordernis fachlicher Eignung (z.B. Zuverlässigkeit) verfassungsrechtlich
unbedenklich (Art. 2 GG). Um die Wirtscha-funktionsfähig zu erhalten, übt
der Staat einerseits die Zul» sungskontrolle als subjektive Schranke der
Gewerbefreiheit aus muß aber andererseits jede todliche Konkurrenz
verhindern (z l durch Genehmigung von Kartellen).
b) Produktion und Absatz
Die staatlichen Lenkungsmaßnahmen, die unter dem Auftri{ „Ausgleich
sozialer Härten" ergriffen werden können, sind ai S. 396 aufgezählt. Da bei
der in der Bundesrepublik herrschenda Bedarfsdeckungswirtschaft nicht
Kostenrechnung und gesetzlich-staatliche Planung, sondern Rentabilität und
Gewinn entscha den, ist die gesetzliche Grundlage für hoheitliche Eingriffe
en;
gestaltet.
Beispiele Positive Erzeugungsgebote (G über Qualität von Obs
Wein, Handelsklassen, Tierzucht, SaatgutG'e).
Guterverteilung (Ein-, Ausfuhrregelung in AWG und AWV; G übe
Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft; Interzonenhandelsverordnut
gen; WeinwirtschaftsG; FischG; EnergiewinschaftsG; StemkohleG't
EnergiesicherungsG). 1
Ernahrungswirtschaft (GetreideG; MilchG; Milch-Fett G; Viel
Fleisch-G; BrotG; ZuckerG; LebensmittelG und VO'en)
Produktionssicherung (Marktzwang, z.B. § 7 Vieh FleischG, Ablieft
rungspflicht, z. B § 3 ZuckerG; Anbietungspflicht, z. B § 8 Getr?
deG, G über Mindestvorrate, z.B. Mineralöl; SicherstellungG'e i
Notfallen).
Konzentrationshinderung (durch GWB, vgl.iS.402).
c) Preispolitik
Die Preise für Waren und Dienstleistungen bestimmen di Zentrum der
Wirtschaftspolitik. Der Staat kann entweder & Preisgestaltung dem Einfluß
von Angebot und Nachfrage übe lassen oder den sog. Selbstkostenpreis (z.B.
Kostenmiete bei So zialwohnungen) zugrunde legen. Eine Einflußnahme auf
Loht und Gehalter nicht beamteter Arbeitnehmer ist infolge der ver(»
sungsrechtlich garantierten Stellung der Gewerkschaften außen gering. Zwar
ist die Erkenntnis gesichert, daß jeder mit seina Einkommen den eigenen und
familiären Lebensunterhalt m« bestreiten können; da aber Löhne Bestandteil
der betriebswill
schaitlichen Kosten sind, sind sie auch ein (treibender)
Preisbildungsfaktor (Lohn-Preis-Spirale)
Um eine marktstörende Preisunterbietung oder überhöhte Monopolpreise zu
verhindern, sind z.B. auf dem Sektor der Ernährungswirtschaft Eingriffe
dann gerechtfertigt, wenn es gilt, der durch Weltmarktpreise gefährdeten
Landwirtschaft Mindestab-ulzpreise zu sichern.
Beispiele Rechtsgrundlagen sind etwa das PreisG, die PreisangabeVO, die
BuMietenG'e, das KuSchutzG, Preisbindungen auf dem Woh-mingsmarkt
Alle anderen Lenkungsmodalitaten sind politischer Natur und ron Fall zu
Fall im Gesetz- oder Verordnungsweg zu beschlie-fcn. Das gilt für die
Regulierung von Angebot und Nachfrage (z B. durch Subventionen) und die
Festsetzung von Höchst-hw. Mindestpreisen (auch Preisstop).
Lediglich über das Geld- und Kreditwesen besitzt die offentli-dn Hand
Steuerungsmoglichkeiten (vgl. S. 396), vor allem durch dit
weisungsunabhangige Bundesbank über die Steuerung des Diskont- und
Lombardsatzes für Geld- und Kassenkredite (Zinspolitik), die von den
Kreditinstituten bei der Bundesbank zu unterhaltenden Mindestreserven, die
Menge des umlaufenden Gel-dt» und die Stutzung der DM durch An- oder
Verkaufe ausländi-xher Wahrungen. Innerhalb der Europaischen Gemeinschaft
be-ttthen nahezu feste Wechselkurse, wobei unter den EG-Landern Bit der
Rechnungseinheit ECU abgerechnet wird.
Beispiele Geldwesen (BuBankG, BuHaushaltsO; WahrungsG; De potG).
Kreditwesen (BausparkassenG, WohnungsbauforderungsG; Woh-nungsbaupramienG;
SparpramienG; Staatsanleihen, Art. 115 GG; In-TtsimentverwaltungsG;
VermogensbildungsG).
4. Kartellrecht*
Um die Wettbewerbsfähigkeit und Selbständigkeit einzelner Unternehmen zu
erhalten, werden Konzentrationen innerhalb l»«(immter Wirtschaftszweige und
die damit verbundene Gefahr der Marktaufteilung und des Preisdiktats durch
den Staat (Bun-dtskartellamt) kontrolliert.
' Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen 20 2 90, BGBI I 235.